Geldgrab Einbaudiesel

Egal bei welchem meiner Boote, es gab IMMER altersbedingte Probleme und Motorausfälle. Das zog sich von meiner Biga 24, über die Delanta 75, Optima 98a, Albin Accent, der Najade 930 de luxe, die X95, der Westerly 35, Optima 92 bis hin jetzt bei der Dehler 36cws.

Die gesamte Bandbreite der Probleme traf mich immer volle Pulle in den schwierigsten Situationen. Dieselpestprobleme waren oft dabei, zugesetzte Kühlkanäle aber auch undichte Zylinderkopfdichtungen, defekter Seewasserfilter (der Luft zog) defekte Wasserpumpen oder Dieselförderpumpen, gerne auch immer mal Luft im Kraftstoffsystem, bei der Westerly ein Getriebeschaden… die Aufzählung meiner langjährigen Erfahrungen könnte sicher noch um einiges länger werden. Das Problem ist ja, dass man sich bei Booten mit Einbaumotoren darauf verlässt, dass sie zuverlässig laufen, immer anspringen und nicht ausgehen. Wir sind Segler und keine Motorbootfahrer, daher wollen wir uns gar nicht intensiver mit den Motoren beschäftigen. Das System soll laufen und wir machen die regelmäßigen Wartungen oder geben diese in Auftrag.

Einbaudiesel, klingt immer alles so schön…solange das Triebwerk neuwertig ist. Wir wollen lieber in eine neuwertige Segelgarderobe investieren und nicht in den nachrangigen Hilfsantrieb.

Wie schön ist bei meinem kleinen Jollenkreuzer der ePropulsion Elektro Außenbordmotor. Aufladen, einschalten, läuft. IMMER. Für ein hochseetaugliches Boot taugt aber ein Elektroantrieb noch nicht wirklich, bzw. er ist so dermaßen teuer, dass es keinen Sinn macht. Ggf. müsste er dann hybrid mit einem Generator betrieben werden. Wir reden dann aber über Summen jenseits der 20000 Euro Grenze.

Nein, diese verdammten „Eisenschweine“ fressen jede Menge Nerven und Geld.

Kommen wir zur aktuellen Sachlage:

Nachdem ich ja erst in der Saison 2021 den Einbaudiesel meiner Optima 92 komplett erneuert habe, inkl. Saildrive etc., was mich 14000 Euro gekostet hatte, ging der Spaß nun weiter. Skipper Kiehl hatte sich in den Kopf gesetzt, sich den Jugendtraum von einer Dehler 36cws zu erfüllen. Nach einigen Besichtigungen fand sich ein sehr gepflegtes Exemplar und nach genauerem Hinsehen, gefiel das Angebot. Segel ok, Motor sprang an, lief und sah gut aus. Öl war unauffällig, keine Rauchentwicklung, satter Kühlwasserstrahl. Wartungskits lagen an Bord bereit und der Motor hatte erst knappe 1500 Betriebsstunden, also quasi nichts. Man wurde sich handelseinig und auch bei der Übergabe sprang der Motor wie auch bei der Probefahrt problemlos an.

Dann kamen wir eine Woche später zum Boot und begannen die Überführung an die andere Seite der deutschen Ostseeküste. Hier sprang der Motor plötzlich nicht mehr gut an, aber er kam und lief. Wir segelten nach Gedser, abends sprang der Motor fürs Hafenmanöver auch nur mittelmäßig an. Morgens legten wir in dichtem Nebel ab, das gleiche Spiel, aber der Jockel lief. Kein Wind, also motorten wir im Nebel zur Kadetrinne, dem wirklich großen Verkehrstrennungsgebiet mit wirklich dichtem Verkehr. Wir suchten über AIS eine Lücke und gaben etwas mehr Gas, um das VTG im rechten Winkle zügig zu passieren. Nach kurzer Zeit fiel dann mitten im dichten Nebel, ohne Wind, der Motor schlagartig aus. Jedem Skipper wird jetzt hier sicher heiß und kalt, wenn er an diese Situation denkt. Ja, wir waren in akuter Lebensgefahr und zum Glück lotsten Bremen Rescue und Lyngby Radio die fetten schnellen Pötte irgendwie um uns rum. Zum „Glück“ konnten wir aufgrund der dichten Nebelbänke nicht sehen, was uns drohte. Nur der Motorenlärm der Fähren, Frachtschiffe etc. umhüllte uns. Segelsetzen brachte bei glatter See keinen Wert. Dennoch taten wir das, weil wir ja irgendwas tun mussten. Irgendwann sprang dann der Motor wieder an und wir konnten uns aus der Situation befreien. Das war die so ziemlich ungeilste Situation meiner langen Seglerkarriere.

Abends in Stralsund war dann der Ölpeilstab trocken. Das konnte ja alles nicht wahr sein. Also füllten wir Öl auf und hatten fortan keine Problem mehr. Nur das gute Anspringen wollte der Motor nicht mehr lernen.

Zum Ende der Saison hin brachten wir das Boot in die Winterlagerwerft und baten um eine Durchsicht und Einwintern. Der erste Rückruf brachte uns Unbehagen, denn im inneren Kreislauf war „irgendwas“ aber kein Kühlmittel. Zudem sprang der Motor nicht mehr an. Somit einigten wir uns auf „ausbauen und schauen“. Dieses „Ausbauen und Schauen“ brachte dann den Motor nach Anklam in eine Motorenspezialwerkstatt zur Fehleranalyse.

Ich habe es mal gekürzt und die Einzelpreise weggelassen, aber es gibt einen guten Überblick:
– Riefen in zwei Zylindern
– Kolbenfresser durch Überhitzung über längeren Zeitraum
– Wasserpumpe verschlissen / verunreinigt über längeren Zeitraum
Kühlkreislauf stark verunreinigt
– Kanäle verschlammt
undefinierbare Fremdstoffe im Kühlkreislauf ( kein Frostschutzmittel)
Diese Analyse der Fachwerkstatt zeigt, dass der Schaden eindeutig VOR dem Kauf schon vorhanden war und auf mangelnde Wartung zurückzuführen ist.

Es blieb also keine Wahl. Wenn der Motor schon zerlegt wird, dann kann nur folgerichtig eine Komplettrevision erfolgen. Vertrauen in die Werft war da, alles wurde schlüssig erläutert.

  • Motor demontieren, reinigen, Schadensaufnahme durchführen und
    Kostenvoranschlag erstellen
  • Motorblock bohren und honen
  • Motorblock planen
  • Kurbelwelle auf Risse prüfen – zum Zeitpunkt der Prüfung i.O. !
  • Kurbelwelle läppen und vermessen
  • Pleuelstange auswinkeln
  • Pleuelstange nachpassen und honen
  • Kolben aufziehen
  • Zylinderkopf demontieren und reinigen
  • Zylinderkopf Kühlkreislauf auf Dichtheit prüfen – zum Zeitpunkt der Prüfung
    ohne Risse i.O. !
  • Zylinderkopf planen
  • Ventilsitz schleifen
  • Ventil schleifen
  • Ventil montieren
  • Prüfung/ Instandsetzung Düsen: YDN-OSDYD1-> Spritzbild nicht i. O.
  • Einspritzpumpe: -> Elemente und Druckventile verschlissen
  • Einspritzdüse reinigen im Ultraschallbad
  • Einspritzdüse abdrücken und einstellen
  • Prüföl pro Injektor / Einspritzdüse
  • Schutzmaterial
  • Einspritzpumpe demontieren, Teile reinigen und mit neuen Ersatzteilen montieren
  • Steckpumpe auf Prüfstand prüfen und einstellen
  • Montagekosten inkl. Lackierung
  • Probelauf Motor inkl. Dieselkraftstoff
  • Düseneinsatz
  • O- Ring
  • Druckventil
  • Dichtplatte
  • Dichtung
  • Element
  • Kolben +0,50 mm
  • Kolbenbolzen
  • Sprengring
  • Motordichtungssatz 1
  • Simmerring
  • Wellendichtring hinten
  • Ventilschaftabdichtung
  • Dichtung Exhaust
  • Dichtring / Isulator
  • CU Dichtring
  • O-Ring
  • CU Dichtring
  • Buchse Front
  • Buchse Rear
  • Lagersatz
  • Lagersatz NR.1
  • Pleuellager STD
  • Pleuelschraubn
  • Stößel
  • Ölfilter
  • Impeller
  • Dichtung
  • Keilriemen
  • Wasserpumpe
  • Thermostat
  • Schlauch
  • Schlauch
  • Schlauch
  • Keilriemen
  • Förderpumpe
  • Hohlschraube
  • Dieselfilter
  • Hohlschraube
  • Schraube Schwungrad
  • Luftfilter
  • Auslassventil
  • Zink Anode 2
  • Lichtmaschine im Austausch Yanmar
  • 15W40 Motorenöl 15W40 Castrol CRB
  • Kühlmittelzusatz Finkofreeze
  • 22 Beschaffungskosten incl. Vorfracht Japan
  • 23 Verbrauchsstoffe und Kleinmaterial
  • folgende Baugruppen sind vom Kostenvoranschlag ausgeschlossen :
  • – Anlasser
  • – Wärmetauscher
  • – Auspuffkrümmer( wassergekühlt )
  • – Seewasserpumpe
  • – Ölpumpe

Was kostet so eine Komplettrevidierung für einen Yanmar 3GM30F ?
7.873,39 € inkl. € MwSt.

  • plus Ein- und Ausbau, Fahrzeit etc.
  • plus Dieselpest im Tank, Ausbau, Revisionsklappen einbauen, reinigen, Leitungen und Filter neu…
  • plus Seeventile Toilette neu, weil Boot schonmal in der Halle stand…
  • plus Winter(Frei-)lager

… habe ich diesen Winter bisher 15102,35 Euro in der Werft gelassen

Option A wäre gewesen:

gebrauchten Austauschmotor zu kaufen, ohne Gewährleistung von privat. Nicht unter 4500 Euro. Wer weiß, was dann da dran ist. Ein- und Ausbau sowie Tank hätte ich dennoch gehabt.

Option B:

Angebot aus Litauen. Gewerblich. Nachweise per WhatsAppVideos. Gewährleistung fraglich, schwer greifbar soweit weg, plus Transportkosten… 5000 Euro netto sollte der kosten. Kann klappen, muss aber nicht…Bezahlung über PayPal Freunde gewünscht. Ein- und Ausbau sowie Tank hätte ich dennoch gehabt.

Option C:

Ein ganz neuer Motor, Kosten ca. 12000 Euro, aber passt nicht 1:1, muss am Motorfundament erheblich geändert werden. Also diese Kosten kommen noch dazu sowie Auspuffführung auf der anderen Seite (hätte auch geändert werden müssen). Ein- und Ausbau sowie Tank hätte ich dennoch gehabt.

Soviel mal als Überblick, was ein Diesel für Kosten verursachen kann, trotz Sachkenntnis und aller Vorsicht. Ob den Fehler ein Gutachter festgestellt hätte, wage ich zu bezweifeln. Ja, man hätte eine Ölprobe analysieren lassen können. Aber warum? Der Motor sprang auf Schlag an (warum auch immer…). Wenn der Motor vorher jeweils kurz gestartet wurde, damit Kompression da ist…? Beim Zweitstart war ja auch immer alles super, das Problem tauchte nur beim Kaltstart auf.

Das zeigt aber auch, dass trotz viel Erfahrung im Bootsbereich, und obwohl ich schon vieles gesehen habe, manches eben nicht ausgeschlossen werden kann.

Vielleicht hilft dies dem Einen oder Anderen doch beim nächsten Mal noch genauer hinzuschauen beim Bootskauf und bei der Überlegung, ob man ein älteres Boot mit einem älteren Motor kaufen sollte. Ich würde jetzt sagen NEIN! Kosten für einen neuen Motor müssen zwingend einkalkuliert werden, zumindest bei Booten die über 20 Jahre alt sind. Meine Dehler 36cws wurde die letzten 10 Jahre kaum gesegelt, daher der Motor offenbar auch kaum gewartet.

Meine beiden großen Boote haben nun beide NEUE Motoren und ich hab hoffentlich Ruhe. Der Jollenkreuzer hat einen Elektromotor und da ist auch Ruhe.

Wenn im März die Sonnenstrahlen rauskommen, das Boot ins Wasser gekrant wird, dann ist alles vergessen. Immerhin habe ich jetzt die beste Dehler 36cws der Welt 🙂

 

Motor ausgebaut

Motor aus der Revision zurück aus Anklam in Ueckermünde

Motor wieder im Schiff montiert

Dieselprobe = PEST

Dieselvorfilter komplett verschlammt

leckere Grütze – ein Wunder, dass der noch was durchgelassen hat

Dieselpest im Tank wurde bereits 2012 behoben – laut Voreigner

Fragt man sich nur wie, ohne Revisionsdeckel im Tank? … also zwei davon einbauen lassen

Tank aufgesägt und siehe da…

 

jetzt mit zwei Revisionsöffnungen

wieder eingebaut

Seeventile WC Raum und Borddurchbrüche gleich mit erneuern lassen

 

 

 

 

 

3 Antworten auf „Geldgrab Einbaudiesel“

  1. Oh man, was für eine Geschichte.
    Ich habe die Verkaufsanzeige auch gesehen und habe kurze gezuckt. Hatte mich dann geärgert, als die Anzeige schnel gelöscht wurde. Im Nachhinein hatte ich wohl Glück.
    Ich wünsche Dir viel Spaß mit dem nun tollen Boot.
    Ich bleibe vorest bei meiner Optima 101 – mit neuem Motor. Bis zum nächsten zucken….
    Viele Grüße
    Christoph

    1. Ja stimmt, finanziell Glück gehabt, dennoch ist Dir ein sonst top gepflegtes Boot entgangen. Ärgere mich nicht mehr. Mit den Investionen sollte das Boot wieder einen guten VK Preis erzielen, was ich aber so schnell nicht vor habe.

  2. Hi,
    habe gerade mit Schaudern Deinen Motor-Ausfall im VTG
    gelesen – muhahah…
    Das ist neben der Kiel-Ist-Gerade-Abgefallen-Geschichte das wovon ich nachts Alpträume habe…

    Hab da mal noch einen andere Frage: vielleicht kannst Du Dich ja mal per Mail melden!

    Schonmal Danke und
    Viele Grüße
    Martin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert